Nachhaltige Finanz

Investieren in eigene Überzeugungen

Oktober 201911 min readImpact

Der australische Pensionsfonds Christian Super hat im Juni 2019 eine bedeutende Minderheitsbeteiligung an responsAbility Investments erworben und ist damit der erste nicht in der Schweiz ansässige institutionelle Investor des Unternehmens. In diesem Interview erläutert Christian Super CEO Ross Piper, welche Erwartungen er mit diesem Investment verknüpft.

Ross Piper 

verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in Führungspositionen und im Management von Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen. Vor seiner Ernennung zum CEO von Christian Super im Januar 2018 war er COO bei World Vision Australia. Ausserdem war er für World Vision International mehrere Jahre lang im Nahen Osten sowie in mehreren Ländern des ehemaligen Jugoslawiens tätig. Im Verlauf seiner Karriere hat Piper auch zahlreiche Positionen in Unternehmen innegehabt, vor allem im Investmentbanking (Macquarie) und im Minensektor (Rio Tinto). Aktuell gehört er dem Verwaltungsrat der Responsible Investment Association of Australia (www.responsibleinvestment.org) sowie von SEED (www.seed.org.au) an.

Warum hat sich Christian Super für eine Beteiligung an responsAbility entschieden?

Christian Super hat ein breit aufgestelltes Impact-Portfolio mit vielen unterschiedlichen Investments und Anlagetypen. Für den weiteren Ausbaus unseres Portfolios waren wir überzeugt von der Möglichkeit, in ein Unternehmen zu investieren, dessen Werte ganz klar mit den unseren übereinstimmen und das zudem eine starke Plattform, ein hohes Ansehen und eine gute Abdeckung aufstrebender Märkte und Sektoren bietet. Wir hatten also sowohl auf der Werteebene als auch in kommerzieller Hinsicht gute Argumente für diese Investition.

«Uns überzeugen die starke Plattform, das hohe Ansehen und die gute Abdeckung aufstrebender Märkte und Sektoren.»

Ross Piper, CEO Christian Super

Sie sind am australischen Markt aktiv, wo Altersvorsorgepläne verpflichtend sind und die Mitglieder aussuchen können, welchem Pensionsfonds sie beitreten möchten. Sie müssen sich in diesem Markt positionieren. Wie passt die Beteiligung an responsAbility dazu?

Einer der Gründe für den Erfolg und das anhaltende Wachstum unseres Fonds besteht darin, dass wir sicherstellen, das Geld unserer Mitglieder im Einklang mit ihren Werten und Überzeugungen zu investieren. Als Pionier des Impact Investing ist unser Fonds bereits seit vielen Jahren führend in wirkungsorientierten Anlagen und verfügt über eine hohe Glaubwürdigkeit und fundierte globale Marktkenntnisse. Den australischen Konsumenten ist responsAbility vielleicht nicht immer gleich ein Begriff. In jedem Fall aber erwarten unsere Mitglieder von uns, dass wir mit den erfahrensten und kompetentesten Anbietern am Markt zusammenarbeiten. Entscheidend ist, dass diese für sie sowohl eine positive gesellschaftliche oder ökologische Wirkung als auch attraktive finanzielle Renditen generieren.

Was macht eine Beteiligung an responsAbility für Sie attraktiv?

Neben einer starken Präsenz in verschiedenen Regionen und Sektoren, für die wir erhebliches Wachstumspotenzial sehen, verfügt responsAbility über Geschäftslinien in unterschiedlichen Wachstums- und Rentabilitätsphasen. Das in Kombination mit der hohen Werteübereinstimmung, einem langjährigen Erfolgsausweis und seinem Potenzial für bedeutendes weiteres Wachstum macht responsAbility für uns zu einer sehr guten Investition. 

Dazu kommt die persönliche Ebene: Unser CIO Tim Macready und der CEO von responsAbility, Rochus Mommartz, kennen sich schon lange. Für ein Unternehmen wie responsAbility ist es wichtig, dass die Aktionäre und Investoren das Unternehmen nicht in eine Richtung drängen, die nicht mit seiner eigentlichen Mission übereinstimmt. Mit seinem klaren Bekenntnis zu Impact Investing bei gleichzeitiger Generierung langfristiger finanzieller Renditen passt responsAbility perfekt zu den Werten unseres Fonds und seiner Mitglieder. 

«Neben einer starken Präsenz in verschiedenen Regionen und Sektoren verfügt responsAbility auch über Geschäftslinien in unterschiedlichen Wachstums- und Rentabilitätsphasen." 

Ross Piper

Warum haben Sie in das Unternehmen investiert und nicht in einen der von ihm gemanagten Fonds?

Das war eine bewusste Entscheidung. Was uns an einer Beteiligung an responsAbility am meisten interessiert hat, war die Möglichkeit, unser Impact-Investment-Portfolio breiter aufzustellen und uns an einem starken Partner zu beteiligen, der in Märkten und Sektoren mit attraktiven Wachstumschancen tätig ist. Im Einklang mit unseren Anforderungen an die Anlagerendite summieren sich diese Faktoren zu einem attraktiven Investment Case für eine Beteiligung an responsAbility, durch die wir unser Gesamtportfolio stärken können. Dank seiner breiten Aufstellung über verschiedene Branchen und Regionen hinweg sollte responsAbility langfristig auch unabhängig vom Auf und Ab der Marktzyklen starkes Wachstum generieren können. Durch unsere Beteiligung an responsAbility erhalten wir guten – und gut gemanagten – Zugang zu diesem Wachstumspotenzial.

«Durch unsere Beteiligung an responsAbility erhalten wir guten – und gut gemanagten – Zugang zum Wachstumspotenzial in aufstrebenden Märkten.»

Ross Piper

Ihre Firma ist ein gewinnorientiertes Unternehmen mit einer ausgeprägten treuhänderischen Verantwortung. Was macht responsAbility auch in finanzieller Hinsicht zu einem guten Investment?

Rein kommerziell betrachtet sprechen schon die demografische Entwicklung und die gesellschaftlichen Kräfte in den aufstrebenden Märkten für ein bedeutendes Wachstumspotenzial. Dazu kommen bedeutende Chancen für Unternehmen, die soziale und ökologische Erfordernisse adressieren. Ein Investment in ein Unternehmen wie responsAbility gibt uns Zugang zu beiden Potenzialen und ermöglicht zugleich eine angemessene Risikodiversifikation. Unter institutionellen Investoren wächst das Interesse an grösseren Anlageopportunitäten, die marktübliche Risiko-Ertrags-Profile aufweisen, zugleich aber auch eine Nachhaltigkeitswirkung erzielen und so zu den Impact-Zielen der Investoren beitragen. Unternehmen wie responsAbility sind gut positioniert, um von diesem Trend zu profitieren. Da hinter diesem Trend mehrere gesellschaftliche und regulatorische Entwicklungen stehen, glauben wir auch nicht, dass dieses Anlegerinteresse in absehbarer Zeit nachlassen wird.

«Unternehmen wie responsAbility sind gut positioniert, um vom wachsenden Interesse institutioneller Investoren an grösseren Anlageopportunitäten mit Nachhaltigkeitswirkung zu profitieren.»

Ross Piper

Traditionelle Vermögensverwalter haben das Impact Investing ebenfalls für sich entdeckt und werden hier in grossem Stil aktiv. Welche Auswirkungen hat das auf die Positionierung von Impact-Investing-Pionieren wie Christian Super oder responsAbility?

Zunächst einmal freuen wir uns natürlich über das zunehmende Mainstreaming dieses einstigen Nischenthemas. Als Investoren sind wir überzeugt, unser Kapital so anlegen zu können, dass wir damit zu einer besseren gesellschaftlichen Entwicklung und einer besseren Zukunft für unseren Planeten beitragen, ohne dafür Abstriche an der Rendite hinnehmen zu müssen. Ein derartiger Ansatz ist sicherlich komplexer und bringt verschiedene Risiken mit sich. Für uns ist die Ausrichtung unserer Investments auf die Überzeugungen, Werte und Interessen unserer Mitglieder aber ein zentraler Grundsatz. Das Konzept eines zielgerichteten Vermögensaufbaus für einen sinnerfüllten Ruhestand ist für unseren Fonds ebenfalls sehr wichtig. In was für einer Welt unsere Mitglieder in ihrem Ruhestand leben werden, ist etwas, das uns sehr am Herzen liegt. In dieser Hinsicht ist auch das Engagement traditionellerer Anbieter im Impact Investing eine positive Entwicklung und gute Möglichkeit, mehr Kapital für gesellschaftliche und umweltbezogene Anliegen zu mobilisieren. 

Entstehend dadurch ein gewisses kommerzielles Risiko? Potenziell ja. Aber unsere eigene Erfahrung zeigt, dass Impact-Investment-Lösungen und die Fähigkeit, derartige Lösungen erfolgreich zu managen, nichts ist, was man von jetzt auf heute aufbaut. Die Eintrittshürden für diejenigen, die das, was ein Unternehmen wie responsAbility macht, replizieren wollen, sind relativ hoch – zumindest heute noch. 

«Wir  sind überzeugt, unser Kapital so anlegen zu können, dass wir damit zur gesellschaftlichen Entwicklung und zu einer besseren Zukunft für unseren Planeten beitragen - ohne Abstriche bei der Rendite .»

Ross Piper

Es gibt keinen allgemeingültigen Ansatz der Wirkungsmessung. Wie wichtig ist es, einen Ansatz zu finden, der auf breite Akzeptanz stösst – in der Branche und vor allem bei Ihren Stakeholdern?

Es ist wichtig, dass wir weiter an Lösungen für eine verantwortungsvolle Skalierung des Impact-Marktes arbeiten. Dafür müssen auch die Wirkungsmessung und das Impact-Reporting entsprechend gestärkt und harmonisiert werden. Gesellschaftliche Entwicklung ist aber keine reine Wissenschaft. Aktuell sprechen sich einige für so etwas wie eine Art Bilanzierungssystem für Impact-Investments aus. Auf Basis meiner Erfahrung in diesem Bereich, vor allem auf der Entwicklungsseite, halte ich das allerdings für schwierig und sehe hier keine ganz einfache und elegante Lösung. 

Ein Risiko ist ganz klar das sogenannte ‚Impact Washing’, zumal auch die demografische Entwicklung und die Interessen der Konsumenten die Unternehmen zu einer stärkeren Fokussierung auf ihre diesbezügliche Positionierung zwingen. Die fortgesetzte Arbeit an Standards und Best-Practice-Ansätzen ist eine positive Entwicklung und hier tut sich bereits sehr viel. Wir begleiten die Arbeit des Impact Management Project und auch die Entwicklung und Einführung der IFC Operating Principles for Impact sehr intensiv und Christian Super und responsAbility gehören beide zu den ersten Unterzeichnern dieser Initiativen. Christian Super ist als Pionier des Impact Investing unter Pensionsfonds bekannt. Daher sehen wir uns auch in der Verantwortung, diesbezüglich eine Führungsrolle zu übernehmen und unseren Einfluss positiv zum Tragen zu bringen, auch, indem wir mit anderen Investoren zusammenarbeiten, die sich neu in diesem Bereich engagieren möchten – sowohl in Australien als auch andernorts. Wir wollen weiter zu einer verantwortungsvollen Skalierung des Sektors beitragen.

«Wir wollen weiter zu einer verantwortungsvollen Skalierung des Sektors beitragen.»

Ross Piper

Wo sehen Sie mögliche künftige Synergien zwischen Christian Super und responsAbility? Welche Best-Practices können sich die beiden Partner jeweils aneignen?

Jede Menge! Die weltweite Impact-Investing-Landschaft ist immer noch ein sehr enges, beziehungsbasiertes Netzwerk. Wir können diesen Markt nur mit Beteiligung vieler Stakeholder weiterentwickeln und das Wachstum des Ökosystems gemeinsam vorantreiben. In dieser Hinsicht gibt es einige mögliche Synergien zwischen der Arbeit von Christian Super und responsAbility. So können wir insbesondere unsere geografische Präsenz und Fokussierung auf den asiatisch-pazifischen Raum nutzen, um neue Vertriebskanäle sowie potenzielle Investment- und Dealquellen für responsAbility zu erschliessen.     

2016 hat Christian Super Brightlight (www.brightlightimpact.com) gegründet, ein unabhängiges Unternehmen, das auf Impact-Investing-Beratung und Fondsmanagementgeschäft spezialisiert ist. Brightlight agiert in verschiedenen Märkten als Intermediär und ist in der Produktentwicklung und Gewinnung neuer Investoren aktiv. Unter anderem arbeitet das Unternehmen mit der australischen Regierung und vielen weiteren Entwicklungsfinanzierern (DFI) zusammen. Vor allem in der Region Asien-Pazifik dürften sich im Verlauf der Zeit Synergiepotenziale und Kooperationsmöglichkeiten eröffnen. Hier ist alles denkbar: direkte Partnerschaften, die einfache Weitervermittlung von Kunden, das Networking oder die gemeinsame Erschliessung neuer Anlagemöglichkeiten. Das Ergebnis können tatsächliche gemeinsame Deals sein oder auch nur die Nutzung von Synergien und die Identifizierung von Bereichen, in denen eine engere Zusammenarbeit mit responsAbility oder anderen Anbietern sinnvoll ist.

Wie kann Christian Super von der Expertise von responsAbility profitieren?

Auch hier sehen wir jede Menge Chancen. Im Hinblick auf die Wirkungsmessung und Wirkungsberichterstattung ist unser Team bereits mit responsAbility im Gespräch. Die Arbeit, die responsAbility im Impact-Reporting geleistet hat, und die Erfahrungen, auf die das Unternehmen zurückgreifen kann, sind für uns sehr hilfreich. Aus diesen Erfahrungen können wir greifbaren Nutzen ziehen. 

Wichtig ist aber auch der qualitative Aspekt der Art und Weise, wie wir über die Arbeit berichten können, die responsAbility im Zusammenhang mit unserem Impact-Portfolio leistet. Angesichts der Breite des Portfolios von responsAbility dient uns unsere Beteiligung als eine Art Verstärker. Unser Marketingteam freut sich sehr auf die engere Zusammenarbeit und darauf, die vielen Aspekte der Arbeit, die responsAbility für unsere Mitglieder leistet, noch gezielter zu kommunizieren und zu vermarkten – schliesslich sind auch unsere Mitglieder jetzt Stakeholder dieses Unternehmens. 

Wie wir den Impact messen Impact & ESG

Sie haben einen sehr breit gefächerten Hintergrund, sowohl im Finanz- als uach im Entwicklungsbereich. Was finden Sie so spannend an dieser Beteiligung?

Ich habe eine persönliche Verbindung zu einigen der Investitionsnehmer, die von responsAbility aktuell intensiv begleitet werden. Ein Beispiel ist Credo in Georgien. Während meiner Zeit bei World Vision war ich mehrere Jahre in Ländern des ehemaligen Jugoslawiens tätig und später im Nahen Osten und Osteuropa. In dieser Zeit hatte ich viel mit dem VisionFund zu tun und war an der Gründung mehrerer Mikrofinanzinstitutionen in Osteuropa beteiligt. Dazu gehörte auch Credo. Es ist enorm ermutigend zu sehen, wie sich diese Institutionen kontinuierlich weiterentwickelt haben, gereift sind und ihr Geschäftsmodell skaliert haben. Die Förderung des Unternehmertums in Entwicklungs- und Schwellenländern ist etwas, das mir sehr am Herzen liegt. Das KMU-Wachstum wird häufig durch fehlendes Kapital gebremst. Ich bin überzeugt, dass die fähigsten Unternehmer der Welt in Entwicklungsregionen zu finden sind. Gut umgesetzte Mikrofinanzprogramme und Initiativen zur Förderung der finanziellen Inklusion können helfen, das unternehmerische Potenzial dieser Länder freizusetzen – selbst dort, wo es Vertriebene oder Konfliktherde gibt.   

Daneben finde ich an dieser Investition das Skalierungspotenzial so spannend. Das von responsAbility aktuell gemanagte und betreute Portfolio bietet Potenzial, für den weiteren Ausbau dieses Marktes noch viel grössere Investoren zu mobilisieren. Das Potenzial liegt darin, viel grösserer institutioneller Anlagevermögen für finanziell solide und potenziell renditestarke Investitionen zu mobilisieren, die zugleich auf eine nachhaltige gesellschaftliche Wirkung und einen Beitrag zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) abzielen. Das ist eine wirklich wegweisende Story. Mit der Beteiligung an responsAbility stärken wir als langjährig erfolgreichen Impact-Investor, der die Gelder seiner Mitglieder im Einklang mit ihren Werten und Überzeugungen anlegt, unser Wertversprechen weiter. 

Wir freuen uns sehr über diese Investition und Partnerschaft – und auf die vor uns liegende gemeinsame Arbeit!

«Ich sehe grosse Chancen in der Mobilisierung viel grösserer institutioneller Anlagevermögen für renditestarke Investitionen, die auf einen Beitrag zu den SDGs abzielen.»

Ross Piper

Christian Super ist ein wachsender australischer Pensionsfonds mit mehr als 28’000 Mitgliedern und einem verwalteten Vermögen von über AUD 1,6 Milliarden. Der seit 1984 tätige Fonds investiert die Versorgungsgelder seiner Mitglieder nach ethischen Grundsätzen, die sich am christlichen Wertekanon orientieren. Rund 10% des Anlagevermögens des Fonds ist in Investments angelegt, die sowohl eine finanzielle Rendite als auch eine positive gesellschaftliche oder ökologische Wirkung generieren sollen.  Damit gehört der Fonds zu den führenden Impact-Investoren der Welt. Seit 2019 zählt Christian Super auch zu den Unterzeichnern der IFC Operating Principles, eines neuen Marktstandards für Impact Investing der International Finance Corporation (IFC).