Covid-19

Warum es so wichtig ist, weiter in die erneuerbare Energieinfrastruktur in Subsahara-Afrika zu investieren

Juni 20204 min readKlimafinanzierungEnergy, Emerging Markets

Die Covid-19-Pandemie hat gravierende Folgen für Volkswirtschaften in aller Welt. Dass diese Krise auch (vorübergehende) Auswirkungen auf geplante erneuerbare Energieprojekte und den Energiebedarf in Subsahara-Afrika hat, ist keine Überraschung – eine bezahlbare und verlässliche Stromversorgung ist hier weiterhin ein knappes Gut.

Der rückläufige Energiebedarf ist darauf zurückzuführen, dass der Betrieb in verschiedenen Wirtschaftszweigen auf dem Kontinent zurückgefahren wurde und die Produktion teilweise komplett zum Erliegen gekommen ist. Zum aktuellen Zeitpunkt ist nur schwer abzuschätzen, wie lange diese Situation andauern wird und inwieweit die Unternehmen ihren Betrieb wieder so weit hochfahren können, dass das Vorkrisenniveau wieder erreicht wird.

In dieser Ausnahmesituation stehen die afrikanischen Energieproduzenten vor einer neuen Herausforderung: Zum ersten Mal überhaupt fragen Versorgungsunternehmen wie die nationalen Stromnetzbetreiber nicht mehr, sondern weniger Strom nach. Einige von ihnen machen sogar «höhere Gewalt» geltend, um von den in ihren Stromabnahmeverträgen festgeschriebenen Verpflichtungen befreit zu werden.

Die öffentlichen Mittel sind schon in guten Zeiten knapp und in einer Krise wie dieser umso mehr. Daher besteht die Gefahr, dass Investitionen in die (erneuerbare) Energieversorgungsinfrastruktur anderen Projekten, die einen drängenderen Bedarf adressieren, zum Opfer fallen.

«Trotz der temporären Herausforderungen durch Covid-19 sollten die politischen Entscheider, Energieversorger, Spender, Investoren und Finanzierer in Afrika an ihrer langfristigen Ausrichtung und Planung festhalten und den privaten Sektor weiter unterstützen. So können negative Auswirkungen dieser Pandemie auf den dringend benötigten Ausbau der erneuerbaren Energieinfrastruktur verhindert werden.»

Wilfred van den Bos

Nach Prognosen der IEA wird die weltweite Neukapazität für erneuerbare Energien im Jahr 2020 gegenüber 2019 per Saldo um 13% sinken (das wäre der erste Rückgang seit 2000). Als Hauptgrund werden Verzögerungen im Bau und Lieferkettenprobleme genannt. Im Jahr 2021 werde sich der Erneuerbare-Energie-Sektor durch die Inbetriebnahme verschobener Projekte wieder erholen und damit seine Resilienz unter Beweis stellen.

Einem neuen Bericht des Boston University Institute for Sustainable Energy Africa zufolge müssten jährlich mindestens USD 20 Milliarden in neue Energieinfrastruktur investiert werden, um eine universelle Grundversorgung mit Energie in den afrikanischen Ländern zu erreichen. Dafür müssten diese Investitionen aber schnell umgesetzt und in den Ausbau der Stromversorgung geleitet werden.

Infrastrukturprojekte sind von Natur aus langfristig. Hinzu kommen die zusätzlichen Herausforderungen, die die Entwicklung und der Bau von beispielsweise Wasserkraftwerken in ländlichen Regionen von Subsahara-Afrika mit sich bringen. Dadurch können leicht fünf bis acht Jahre vergehen, bevor ein Projekt abgeschlossen ist und Strom ins Netz fliesst.

«In Subsahara-Afrika ist der Ausbau der erneuerbaren Energieinfrastruktur weiterhin von grundlegender Bedeutung, auch für die dringend benötigte bevorstehende Erholung der Wirtschaft. Eine bezahlbare und saubere Energieversorgung muss langfristig geplant werden und sollte durch die temporären Auswirkungen von Covid-19 nicht aus der Spur gebracht werden.»

Wilfred van den Bos

Wenn die Regierungen in den Schwellenländern nicht mehr in diese wichtige Form der Infrastruktur investieren sollten, würde das die gesellschaftliche Entwicklung wahrscheinlich auf Jahre hinaus beeinträchtigen. Schon jetzt wird davon ausgegangen, dass Covid-19 etwa 40 bis 60 Millionen Menschen in extreme Armut stürzen wird. Für die 840 Millionen Menschen, die – vorwiegend in Subsahara-Afrika – ohne Strom leben, würden sich die Aussichten auf eine angemessene Gesundheitsversorgung verschlechtern (siehe Ziel 7 der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs)); auch ihre Hoffnung auf einen langfristig grösseren Wohlstand würde deutlich gedämpft.

Um sicherzustellen, dass die gesellschaftliche Entwicklung durch Covid-19 nicht nachhaltig beeinträchtigt wird, sind weitere Investitionen in die (erneuerbare) Energieinfrastruktur vor allem in Subsahara-Afrika unverzichtbar. Bislang haben internationale Investoren aus dem öffentlichen und privaten Sektor eine führende Rolle in der Bereitstellung des dringend benötigten Kapitals gespielt. Trotz der temporären Aussetzung von Projektentwicklungen und Bautätigkeiten haben die Aktionäre der responsAbility Renewable Energy Holding (rAREH) – darunter zum Beispiel die KfW, Norfund und der Nordic Development Fund – ihre volle Unterstützung für einen fortgesetzten Ausbau der erneuerbaren Energieinfrastruktur in Subsahara-Afrika zugesagt. Für die künftige Prosperität von Millionen von Menschen wird entscheidend sein, diesen Zufluss an öffentlichen Mitteln aufrechtzuerhalten und durch Initiativen des privaten Sektors zu ergänzen.

Wilfred van den Bos ist Investment Director der responsAbility Renewable Energy Holding, eines unabhängigen Energieerzeugers mit Sitz in Nairobi, der Kraftwerke auf Basis erneuerbarer Energieträger in allen Teilen von Subsahara-Afrika entwickelt, errichtet und betreibt. Er verfügt über eine 13-jährige Erfahrung mit Investitionen und Projektfinanzierungen in Afrika, Asien und dem Nahen Osten. Vor Antritt seiner aktuellen Position war er für den niederländischen Entwicklungsfinanzierer FMO tätig, für den er mehr als USD 1 Milliarde an erstrangigen Finanzierungen und Nachrangdarlehen für mehr als 32 Energieprojekte aufnahm.